Denn Trott verweigern

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[Bearbeiten] Verweigerung - individuell oder gemeinsam organisiert

Der Krankenstand liegt in allen Betrieben der BRD, auch im öffentlichen Dienst zur Zeit bei 5 bis 10%, je nach Jahreszeit und konjunktureller Lage. Er liegt zur Zeit bei 15 bis 30% je nach Jahreszeit und ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen bei höher qualifizierten Berufsgruppen. Die allgemeine Zunahme stellt sowohl für die Krankenkassen als auch für die Betriebe inzwischen ein finanzielles Problem dar, das sämtliche Lösungsversuche einschließlich gezielten Entlassungen bisher nicht eindämmen konnten. Da gleichzeitig jedoch Rationalisierung und Intensivierung der Arbeit vorangetrieben werden, steigt auch durch diese Maßnahme die Krankheitsrate. Man kann den Krankenstand als ein Zeichen persönlicher Arbeitsverweigerung betrachten; als Verweigerung, sich in Hektik, Überlastung, seelische und körperliche Erschöpfung und Unterbezahlung, also in eine inhumane, entfremdete Arbeitswelt zu integrieren. Die Betreffenden sind Sand im Getriebe.

Viel mehr Leute als vor Jahren sind wirklich sehr krank, oft mit chronischen Leiden. Andere fühlen sich körperlich schlecht bei dem Gedanken an den Arbeitstag, ohne daß sie sich selbst als krank bezeichnen würden. Wieder anderen reicht ein Unlustgefühl zur Krankschreibung. Viele meinen auch, daß sie für sich selber so viel im Leben zu tun haben, was sie im Urlaub nicht schaffen können und brauchen halt öfter mal frei. Einige holen sich über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einen anständigen durchschnittlichen Stundenlohn. Es gibt auch Leute, die merken, daß sie einen Zusammenbruch und lange schwere Krankheit vermeiden können, wenn sie sich nicht völlig auspumpen, sondern sich zwischendurch mal Ruhe gönnen. Alle haben Recht. Jeder hat das Recht, krank zu werden, wozu er diese Zeit auch immer nutzt. Allerdings ändert er dadurch nicht die Bedingungen, die ihn zu dem Mittel Krankschreibung haben greifen lassen. Fast massenhaft praktiziert und obwohl die Kosten, bzw. der Produktionsausfall volkswirtschaftlich einen wichtigen Faktor darstellt, ist das Krankmachen eine ganz andere Form des Arbeitskampfes als Arbeitsniederlegung oder Streik es sind:

Krankmachen wird individuell gehandhabt. In der Zeit, die sie/er nicht zur Maloche geht, kann man machen wozu man Lust hat oder sich was vorgenommen hat. Den Kollegen gegenüber wird aus Angst vor Denunziation die Form »ich war krank« gewahrt. Im allgemeinen handeln Krankmacher nicht gemeinsam oder gar organisiert, also abgesprochen, sodaß sie gemeinsam eine Macht darstellen könnten.

Falls man den Extremfall annimmt, daß Frauen und Männer eines Bereiches oder Betriebes organisiert vorgehen und die

Produktion kurzfristig eingestellt wird, daß sich weiter unter den Beteiligten ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt und sie sich als Gruppe oder Kollektiv verstehen, auch dann kriegt dieser Kampf nicht die Dimensionen eines Streiks. Denn es werden keine Forderungen gestellt, man tritt dem Gegner nicht offensiv gegenüber und man kann die Macht, die im gemeinsamen Handeln liegt, nicht ausnutzen, um ei-ne Forderung grundsätzlich und für alle als Recht durchzusetzen. Sondern, meinetwegen gemeinsam, verweigert man sich, nimmt sich das Recht auf Freihaben, stillschweigend, defensiv, fdie Scheinlösung der erneuten Krankschreibung wäre.

Allerdings zeigt die Erfahrung, daß viele Leute ihre Krankzeiten dazu benutzt haben, in Ruhe einen etwas klareren Kopf zu kriegen, was sie mit ihrem Leben machen wollen; vielleicht ist ganz aussteigen und manchmal durchhängen auch nicht das Paradies auf Erden, sondern nur eine bequeme Zeit, die bald eintönig wird? Oder eine neue Ausbildung wodurch sich viel ändert (???), auch die eigenen Ideen, oder regelmäßig weniger arbeiten und mal sehen, was man will und braucht, oder jobben? Sich vielleicht die Voraussetzung schaffen,. in einem Bereich, der einem besonders interessiert mit anderen Leuten gemeinsam die gesellschaftliche Situation zu verändern und die Lust und Last bei dieser Mühe nicht zu scheuen.

Jedenfalls, wollt ihr eines Tages aus der Defensive der Selbsterhaltung durch Krankschreibung in die Offensive der Selbstverwirklichung starten, wird auch dann die Krankschreibung wichtig bleiben, als Mittel, mehr Zeit übrig zu haben.

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