Platonismus Nominalismus

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[Bearbeiten] Platonismus

Bezeichnung für eine Reihe sehr unterschiedlicher philosophischer Standpunkte. Als Platonismus wird zum einen jede Form der Rezeption Platons verstanden, die einen Anschluss an einzelne Lehrstücke seines Werkes sucht, andererseits wird dieser Begriff aber auch zur Kennzeichnung der in verschiedenen Epochen der Philosophiegeschichte vertretenen Denkschulen verwandt, die sich als direkte Nachfolger der platonischen Philosophie verstehen. Zudem gibt es eine Reihe von philosophischen Motiven, die als platonisch bezeichnet werden und in äußerst unterschiedlichen Konzeptionen und Traditionen auftauchen.


In der Erkenntnistheorie und Logik werden diejenigen Ansätze als platonistisch bezeichnet, in denen die Eigenständigkeit der logischen gegenüber der empirischen Erkenntnis und die Unabhängigkeit der logischen Gebilde von ihrer psychischen oder physischen Gegebenheitsweise behauptet werden. Zu den wichtigsten Vertretern dieser Auffassung, die auch als Logizismus bekannt ist, gehören Bolzano und Frege.


Quines Kriterium für die ontologischen Verpflichtungen einer Theorie ermöglicht eine Unterscheidung zwischen nominalistischen und platonischen Positionen. Theoretische Konstruktionen, in denen zunächst nur die Variablen der Theorie definiert werden, lassen diesbezüglich noch keine Unterscheidungen zu. Erst durch die Entscheidung, was als Wert dieser Variablen zugelassen wird, also ob sich der Wertebereich neben Individuen (Nominalismus) auch auf Universalien wie Eigenschaften, Mengen oder Begriffe erstrecken soll, wird festgelegt, ob es sich um eine platonische Auffassung handelt oder nicht. Hierbei lässt sich noch ein extensionaler Platonismus, der sich nur auf Extensionen, d.h. Begriffsumfänge, Mengen und Klassen bezieht, und ein intensionaler Platonismus, der auch Begriffe, Eigenschaften oder Gedanken zulässt, unterscheiden.


[Bearbeiten] Nominalismus

Von lat. nomen , ›Name, Wort‹: wird meist in Abgrenzung zum (Universalien-)Realismus, Platonismus oder Essenzialismus verwendet. Nominalistische Positionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Allgemeinen die Existenz von Begriffen, Klassen, Eigenschaften und anderen ›allgemeinen‹ Gegenständen (Universalien) leugnen und demgegenüber nur die Annahme ›individueller‹ Gegenstände zulassen.


Es lassen sich mehrere Varianten des Nominalismus unterscheiden. Für den starken Nominalismus ist die Annahme von Universalien überhaupt verfehlt. So wird im Konzeptualismus die Auffassung vertreten, dass allgemeine Begriffe nur durch Abstraktionsprozesse des Bewusstseins gebildet werden und daher keinen realen Gegenständen entsprechen. Allgemeinbegriffe gelten als bloße Worte, die keine Dinge bezeichnen.


Man kann aber auch schwächere Positionen wie den Formalismus, für den lediglich die Beurteilung formaler Eigenschaften begrifflicher Unterscheidungen im Vordergrund steht, den Konstruktivismus, der allgemeine Gegenstände (wie z.B. Klassen) als Konstrukte des abstrahierenden Handelns auffasst und den Fiktionalismus, der diese als bloße Ideen ohne eine Entsprechung in der Erfahrung ansieht, als Versionen des Nominalismus bezeichnen.


Auch die Vertreter des klassischen Empirismus bzw. Sensualismus gelten mitunter als Nominalisten, da für sie der menschliche Erkenntnisprozess bei den konkreten Einzeldingen beginnt und erst auf dieser Grundlage – durch verschiedene Abstraktions- und Vergleichsprozesse – allgemeine Begriffe gebildet werden können. Diese Einteilung ist allerdings umstritten. So wurde z.B. die Theorie von Wilhelm von Ockham, der als ein herausragender Vertreter des Nominalismus in der Spätscholastik gilt, von anderen nominalistischen Positionen als ›platonistisch‹ bezeichnet. Um Verwirrungen zu vermeiden, müssen mindestens drei Etappen der Auseinandersetzung um den Nominalismus unterschieden werden, die nur wenig miteinander zu tun haben: der die Scholastik dominierende Universalienstreit; eine neuzeitliche Phase, die vom Empirismus beherrscht ist, und schließlich der modernen Diskussionsstand, in dem die Probleme der logischen Interpretation und der logischen Notation der Sprache vorherrschend sind.


Die klassischen Positionen des Nominalismus stehen im Kontext des mittelalterlichen Universalienstreits. Die Auseinandersetzung betrifft vor allem das Problem, ob in den Allgemeinbegriffen (Universalien) Erkenntnisse über die Gegenstände selbst enthalten sind, was bedeutet, dass es eine ontologische Entsprechung zwischen Allgemeinbegriff und Ding geben muss, oder ob dies nicht der Fall ist, da zur Erklärung der Erkenntnis ausschließlich individuelle Gegenstände ausreichend sind.


Der moderne Nominalismus baut auf den Resultaten der logisch-mathematischen Grundlagenforschung und der Wissenschaftstheorie auf. Er wendet sich vor allem gegen platonistische Interpretationen der klassischen Logik und der Mathematik, sowie gegen einige Positionen in der modernen Semantik.


Quine, einer der wichtigsten Vertreter des modernen Nominalismus, hat ein Unterscheidungskriterium entwickelt, mit dem sich (Theorie-)Sprachen des Platonismus, wie er die Gegenposition nennt, von solchen des Nominalismus unterscheiden lassen. Demnach werden von einer nominalistischen Theorie nur Individuen als Gegenstandsvariablen akzeptiert, während von einer platonistischen Theorie auch Entitäten wie Mengen, Begriffsumfänge (Umfang des Begriffs), Eigenschaften, Klassen oder sonstige allgemeine Gegenstände als Gegenstandsbereich einer Theorie zugelassen werden.


Die strenge Begrenzung des Bereichs der angenommenen Gegenstände im Sinne eines ökonomischen bzw. sparsamen Theorieinventars ist ein zentrales Anliegen im Nominalismus. Ein nominalistischer Logikkalkül unterscheidet sich insofern z.B. von einem platonistischen, dass die Prädikate nicht auf eine Klasse von Gegenständen angewandt werden, sondern auf so genannte ›konkrete Ganzheiten‹. In dieser Weise bezeichnet der Ausdruck ›rot‹ nicht die Klasse aller roten Gegenstände, sondern einen diskontinuierlich über die ganze Welt verteilten großen Rot-Gegenstand, der sich aus allen Rot-Vorkommnissen zusammensetzt.


Eine nominalistische Sprache, die nur raum-zeitliche Gegenstände in unmittelbarer Gegebenheitsweise zulässt, ist daher sehr ausdrucksarm und verlangt einen erheblichen Aufwand in ihrer Ausformulierung, um alle sprachlichen Phänomene abdecken zu können.


Demgegenüber hat die platonistische Position große Probleme bei der Vermeidung von Antinomien, wie sie z.B. von Russell in der mengentheoretischen Logiksprache von Frege nachgewiesen wurden.


Der Streit um die Angemessenheit und Leistungsfähigkeit eines nominalistischen oder platonistischen Standpunktes ist noch nicht ausgefochten. Auch Quine hat seine radikale Position zum Teil zurückgenommen, da er zu der Ansicht gekommen ist, dass durch einen radikal nominalistischen Standpunkt große Teilgebiete der Mathematik nicht sinnvoll reformuliert werden können.

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