25 Jahre Hulk Räckorz

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'''FRATZ:''' Nein! Jede Band, die fleißig ist, guten Output hat und hart an sich arbeitet kann es schaffen bekannt zu werden. Es gibt mittlerweile unzählige Möglichkeiten der Selbstvermarktung und diese machen ein Label eigentlich überflüssig.
'''FRATZ:''' Nein! Jede Band, die fleißig ist, guten Output hat und hart an sich arbeitet kann es schaffen bekannt zu werden. Es gibt mittlerweile unzählige Möglichkeiten der Selbstvermarktung und diese machen ein Label eigentlich überflüssig.
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'''HULKZINE:''' Ist der physische Tonträger noch zeitgemäß oder sind CD und Vinyl nur noch für Liebhaber?  
'''HULKZINE:''' Ist der physische Tonträger noch zeitgemäß oder sind CD und Vinyl nur noch für Liebhaber?  

Version vom 08:15, 1. Jun. 2015

Interview mit Fratz Thum – 25 Jahre Hulk Räckorz

Seit mittlerweile 25 Jahren ist Hulk Räckorz ein nicht ganz unbedeutender Name in Sachen Punkrock-Label, national wie auch international. Viele tolle Bands haben darauf ihre Platten veröffentlicht, allen voran natürlich die Haus- und Hofband WIZO. Hinter dem Ganzen steht ein Mann, der das alles aus großer Leidenschaft tut und, wie er uns verraten hat, nie die Intention, geschweige denn einen blassen Schimmer davon hatte, damit einmal seinen vegetarischen Fleischersatz bezahlen zu können. Grund genug Fratz Thum einmal genauer auf den Zahn zu fühlen.

HULKZINE: Servus Fratz, wie kam es eigentlich dazu, dass Du vor 25 Jahren ein Label gegründet hast?

FRATZ: Zunächst hatte ich ja nur einen Bauchladen-Vertrieb mit Punkrock-Platten, die ich vorzugsweise auf Konzerten verkauft habe. Als ich dann für WIZO die erste Deutschland-Tour mit ihrer zweiten Demo-Kassette buchte, stellte ich schnell fest, dass es einfacher ist, Konzerte zu buchen, wenn man eine Schallplatte hat. Dafür brauchte ich allerdings ein Label und das gründete ich dann kurzerhand. Für meine erste EP, die WIZO „Klebstoff“, kratzte ich meine ganze Kohle zusammen, um sie pressen zu lassen.

HULKZINE: Was war Dein eigentlicher Plan, womit wolltest Du ursprünglich Geld verdienen? Oder war Dir von Anfang an klar, dass Du zukünftig mit dem Label Deinen Lebensunterhalt bestreiten können wirst?

FRATZ: Als ich das Label gründete hatte ich noch gar keinen Plan was ich mal machen will, sondern nur den Wunsch nicht regulär für einen Chef zu arbeiten und möglichst viel unterwegs zu sein! Dass man damit auch Geld verdienen könnte, war mir gar nicht bewusst.

HULKZINE: Würdest Du heute noch jemandem empfehlen, ein Label zu gründen? Was hat sich am meisten verändert im (Punk-)Musik-Business seit 1990?

FRATZ: Meiner Meinung nach macht es heutzutage gar keinen Sinn mehr ein klassisches Label zu gründen. 1990 war es noch schwer ein Presswerk oder einen Vertrieb für das Label zu bekommen. Drucksachen musste man bei einem örtlichen Drucker machen und dazu brauchte man noch Lithos! Heutzutage schaut man bei Google nach dem billigsten Presswerk und lädt Flyer zu einer Online-Druckerei hoch. Das Internet brachte so viele neue/andere Möglichkeiten und veränderte alles zugunsten der Bands.

HULKZINE: Braucht eine Punkband heutzutage noch ein Label, um eigene Musik einer breiteren Masse zugänglich machen zu können oder hat sich das seit youtube und Co mehr oder weniger erledigt?

FRATZ: Nein! Jede Band, die fleißig ist, guten Output hat und hart an sich arbeitet kann es schaffen bekannt zu werden. Es gibt mittlerweile unzählige Möglichkeiten der Selbstvermarktung und diese machen ein Label eigentlich überflüssig.

Bild:Hulk räckorz.jpg

HULKZINE: Ist der physische Tonträger noch zeitgemäß oder sind CD und Vinyl nur noch für Liebhaber?

FRATZ: Musik findet ja überall statt und das Format, auf dem diese transportiert wird ist wirklich eher nebensächlich. Die gepressten Auflagen, speziell beim Vinyl, sind fast nur noch für die Liebhaber und Musiksammler.

HULKZINE: Erzähl uns doch mal bitte Deine lustigste, aufregendste und tollste Geschichte aus den letzten 25 Jahren Hulk Räckorz.

FRATZ: Ach Gott, darüber könnte ich ganze Bücher schreiben. Spannend und aufregend waren die ganzen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen in Regensburg/Bayern, die Unterschriftenaktion gegen mich wegen dem Schwein am Kreuz, die Zusammenarbeit mit Fat Wreck Chords, die regelmäßigen Ausflüge zur Bundesprüfdienststelle, die unvergesslichen WIZO-Konzerte oder dem gut bezahlten Ausflug zu Polydor mit der „All That She Wants“-Maxi! Aber ganz ehrlich: Das Allerbeste aber waren bzw. sind die guten Freundschaften, die in dieser Zeit entstanden sind und größtenteils immer noch andauern!

HULKZINE: Du hast ja nicht nur Dein Label Hulk Räckorz, Du bist außerdem als Manager der Band WIZO tätig und betreibst mit Deiner Frau Vera den Punkmailorder www.punk.de. Muss man so breit aufgestellt sein, um heutzutage mit Spartenmusik wie Punkrock überhaupt noch überleben zu können? Denn ehrlich gesagt sieht das alles nach sehr viel Arbeit aus…

FRATZ: Ja natürlich – man muss mittlerweile vielseitig sein, um überleben zu können! Der Mailorder ist nur ein Teil, wir haben ja auch noch mit Sexypunk ein Modelabel mit Punkrock-Klamotten (Lederjacken, Tartanhosen...) geschaffen oder machen das Merchandising auf dem Ruhrpott Rodeo bzw. Punk im Pott. Desweiteren bin ich für das WIZO-Booking und deren Merchandising zuständig und auf der punk.de bieten wir Bands die Möglichkeit, selber ihre Sachen (T-Shirts, CD's, MP3's oder E-Tickets) anzubieten und zu verkaufen.

HULKZINE: Auf Deinem Label veröffentlichst Du Musik und Bands, die Du magst. Du warst und bist aber auch selber als Musiker am Bass und Schlagzeug in verschiedensten Bands aktiv. Klingt nach einer echten Leidenschaft. Empfindest Du es als großes Glück, Dein Leben Deiner Leidenschaft widmen und es damit sogar finanzieren zu können? Nach einem gewöhnlichen Job hört sich das auf jeden Fall nicht an.

FRATZ: Das ist das Schöne, dass ich nur das machen darf, worauf ich auch wirklich Bock hab. Ich signe wirklich nur Bands auf dem Label, die ich auch gern hab. Selber Musik zu machen – egal an welchem Instrument – ist auch eine Sache, die mich immer wieder kickt! Der einzige Nachteil ist, dass ich nie Feierabend habe oder abschalten kann.

HULKZINE: Wie kam es eigentlich dazu, dass Du Dir Mitte der 90er, als noch niemand ahnen konnte, dass das Internet mal irgendwie wichtig für Bands und Musik wird, die Domain punk.de gesichert hast? Rückblickend musst Du ja hellseherische Fähigkeiten gehabt haben.

FRATZ: Die Domain punk.de hab ich mir 1996 gesichert. Das Internet war noch etwas ganz Neues (es gab nur ein paar Nerds, die davon wussten) und wir mussten uns von Regensburg aus via (damals noch sündhaft-teurem) Ferngespräch in München einwählen. Dort sah ich zum ersten Mal, dass es sowas wie das Internet gab. Die Länder-Domain .de gab es da ganz frisch und keiner glaubte zu der Zeit, dass sich diese Endung mal durchsetzen könnte, da es bis dahin nur .com gab. Damals waren auch noch viele andere Domains zu haben – allerdings hatte ich zu der Zeit keine Kohle und musste mir die 300,- DM Registrierungskosten für die punk.de vom Mund absparen!

HULKZINE: Zum Schluss noch ein kleiner Ausblick: Wirst Du Dir treu bleiben und auch in Zukunft Musik von Bands, die Du magst, veröffentlichen oder glaubst Du, dass die klassische Labelarbeit bald schon nicht mehr rentabel und vielleicht auch nicht mehr gefragt ist?

FRATZ: Ich hab keine Ahnung, was die Zukunft bringt. Noch hab ich Spaß an der Labelarbeit, solange sie nicht in komplette Routine ausartet und immer wieder neue Herausforderungen für mich bietet.

HULKZINE: Danke für's Gespräch und alles Gute für die nächsten 25 Jahre!

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