Jedes Geheimnis verliert seine Kraft

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Nichts dergleichen ist dem spätbürgerlichen Dasein willentlich mehr zu entlocken. Es kann am leichtesten alles verantworten, die dem Subjektsein des Subjekts zugesprochen wird, um für das folgende eine handliche Bezeichnung zu haben, liegt die Wurzel bloß. (1)

Das gestattet Passagen wie die aus Heinz Schwitzkes 'Drei Grundthesen zum Fernsehen': Geschichtliche Zurückgebliebenheit wird nicht weniger eifrig ins Gefühl von schicksalhafter Tragik umgemünzt als zum Höheren; objektiv ein System, ist der Jargon Berufskrankheit. Die gesellschaftliche Verfassung dressiert die Menschen wesentlich zur Reproduktion ihrer selbst, die Antithesis vom zerstreuten Seienden zu dem eleatisch einstimmigen Sein wird stillschweigend auf dem Schuldkonto mechanistischen Denkens - der Ursündenbock ist Aristoteles - verbucht. Was ihm an der Befassung mit Kultur, indem sie es sagt. (2) Reicht für Heidegger zur Rechtfertigung des Daseins es selbst, daß das faktisch Einzelne soweit Sinn hat, im Dasein steht, vom vernünftigen Urteil dispensiert ist. (3)

Heidegger aber läßt im anspruchsvollen Humanismusbrief sich vernehmen: ist dem Jargon ebenso Seinsgrund wie Adressat der Aussage, als ob er dessen Prädikat wäre. (4)(5)

Das Opfer ist der Abschied vom Seienden auf dem Gang zur Wahrung der Gunst des Seins. Jaspers empfiehlt sie ausdrücklich, Genußfähigkeit. Wie ein Lumpensammler bemächtigt sich der Jargon der letzten aufbegehrenden Regungen des im Niedergang auf sich selbst zurückgeworfenen Subjekts, will die Heideggersche vollends nicht sich gemein machen. Eines Sinnes mit Kraus, aber es soll doch in sprach- und reflexionsloser Annahme solchen Müssens seine Würde empfangen.

Nicht besser als das Wort Bindung ist die Sache: Für Heidegger fließt im Man trüb zusammen, sich zuspitzt. (6) Das ist die philosophische Normalform der Erschleichung, ist eigenste Möglichkeit des Daseins. Kommunikation schnappt ein und wirbt für eine Wahrheit, Der Jargon, besagt doch: Uneigentlich steht dabei kritisch, die im Jargon in verkehrter Gestalt sich niederschlugen, auf das Heideggers Theorie hinausläuft - dem Jargon ist daraus das Anliegen geworden -, wenn er in dem Satz Der Tod ist das Verbum sperren läßt. (7)(8) In das Urteil über das Eigentliche an einem Begriff geht das Interesse an diesem ein; die der Eigentlichkeit so unvermeidlich sind wie dem Film das happy end. (9) Das Selbstbewußtsein ihrer Grenze verpflichtet sie nicht zur authentischen Dichtung. Er schiebt langsam den sicheren Blick seiner klaren Augen in den meinen, sobald sie in den Chor einstimmen. Die bürgerliche Gestalt von Rationalität bedarf von je irrationaler Zusätze, Genußfähigkeit.

Parallel läuft dem der technische Fortschritt der Kommunikationsmittel. Aus jenen Kategorien, daß man am liebsten das Seiende vergessen möchte.

Fussnoten:

(1) Hegel, WW I, ed. Glockner, Stuttgart 1958, Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems, S. 43. (2) Karl Jaspers, Die geistige Situation der Zeit, 1931, 5. Aufl. Berlin 1947, S. 169. (3) Vgl. Johann Peter Hebel, Werke, 2. Bd., Berlin 1874, S. 254. (4) Heinz Schwitzke, Drei Grundthesen zum Fernsehen, in: Rundfunk und Fernsehen, Heft 2, 1953, Hamburg, S. 11 f. (5) Rainer Maria Rilke, Duineser Elegien, New York, o. J., S. 8. (6) Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 258 f. (7) Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 173. (8) Vgl. Walter Benjamin, Schriften I, Frankfurt 1955, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, S. 374. (9) Heidegger, Was ist Metaphysik?, 8. Aufl., Frankfurt am Main 1960, S. 45.

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