Punk for Sale - "Punk-Kongress" in Kassel (22.9. - 26.9.)

Aus Open-Punk

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Aufmerksam wurde ich auf diese Veranstaltung in unserem Forum, wo jemand fragte, ob irgendwer von uns zum "Punk-Kongress" nach Kassel fahren würde. Punk-Kongress? Nie davon gehört! Also ab zu google, die worte punk, kongress und kassel eingegeben und schon landete ich auf einer Seite der Kulturstiftung des Bundes (!), auf der ausser ein paar nichtssagenden Zeilen auch nicht wirklich darüber informiert wurde, was das Ganze denn nun sein soll. Doch netterweise gab es dort einen Link, über den ich dann tatsächlich auf der Seite der Veranstalter dieses Dingens landete. Hübsches Design in weiß-schwarz und rosa (hey ihr Schweine, das ist unsere Farbe!), und natürlich viele Informationen über Programm und Mitwirkende. Im Prinzip geht es darum, dass "Künstler, Musiker, Autoren, Wissenschaftler und Fans in einem öffentlichen Symposium, in Panels und Vorträgen über die Entstehung und Philosophie von Punk diskutieren, seinen Spuren in der heutigen Mainstream-Kultur nachgehen und die Aktualität seiner Grundgedanken überprüfen." Aha. Weiter heisst es "Er (der Kongress) soll den Bogen von historischen Betrachtungen zu aktuellen Tendenzen in der Gegenwartskultur schlagen. Im Vordergrund steht die Haltung, das Lebensgefühl, die Idee von Punk." Nochmal aha. Also irgendwie geht es um die Geschichte von Punk, Auswirkungen auf Kunst, Musik und Mode; allgemein also um die "Popkultur".Dieses Wort kommt auf der ganzen Seite übrigens ungefähr 199-mal vor, scheint also von ziemlicher Bedeutung zu sein. Wow, vielleicht habe ich selbst sogar, allein durch mein Dasein, eine Auswirkung auf die Popkultur. Wahnsinn!

Da ja schließlich auch irgendwer über diesen ganzen Mist diskutieren muss, haben die Veranstalter auch ganz viele Menschen eingeladen, die zum Thema irgendetwas beitragen können, z.B. den Sex-Pistols-Manager Malcolm McLaren, den Plattenproduzenten Alfred Hilsberg, den Autor und Künstler Stewart Home (von dem hab ich sogar mal was gelesen, kommt vielleicht bald, wenn ich nicht zu faul bin, zu den Büchertipps) und viele andere alte Leute, deren Namen mir nicht viel sagen. Tja, und da das so ist, gibt es natürlich Kurzbiographien zu denen, wo dann so interessante Dinge stehen wie dass derjenige eines der ersten Fanzines gemacht hat, irgendne Band gemanagt oder in einer gespielt hat. Mit der Betonung auf "hat". Nun gut, diese Leutchen müssen ja heute auch von irgendetwas leben, warum nicht mit Vorträgen oder Diskussionen, gönn ich ihnen ja allen, aber es ist definitiv niemand dabei, der heute irgendwas Sinnvolles in der Punkszene macht. Ich habe keine Ahnung, warum nicht, ob die Veranstalter das nicht wollten (obwohl sie laut eigenem Anspruch ja auch "aktuelle Strömungen und Tendenzen aufzeigen" wollen), oder ob sie einfach keinen Dummen gefunden haben, der bei solch einer Veranstaltung mitmacht. Ich glaube ja eher an Zweiteres...

Natürlich gibt es in Kassel noch mehr zu tun als 40-50jährige alte Säcke und Säckinnen(?) beim diskutieren über Themen wie "The Aesthetics of Punk" zuzuschauen. Es gibt auch Austellungen, Filme und eine "Messe für Independent-Labels und -Fanzines" und jeden Abend Konzerte. Die Themen der Ausstellungen wurden ebensowenig bekanntgegeben wie die der Filme, aber das macht nichts, wahrscheinlich geht das alles in die Richtung wie "Zurück zum Beton" oder "Verschwende deine Jugend", in denen man Fanzineschnipsel aus den späten 70ern/frühen 80ern bestaunen, Kurzfilme über die Anfänge des SO 36 in Berlin ansehen und Orginalmusikinstrumente von "Einstürzende Neubauten" begaffen kann. Alles ja ganz nett, aber größtenteils doch eher belanglos.

Nun zum Thema Musik, denn "essentiell sind natürlich die abendlichen Konzerte, um den spezifischen „spirit“ von Punk zu vergegenwärtigen": Ausser Buzzcocks, Kids, Bonaaras und CZD (und da bin ich mir nicht ganz sicher) kenne ich keine einzige; ich denke, das wird den meisten nicht anders gehen. Oder habt ihr schonmal was von "Viva l'American Death Ray Music" gehört? Nun ja, aber allein für die Buzzcocks würde es sich doch lohnen, nach Kassel zu fahren, ist von Frankfurt aus ja nicht so weit, und ausserdem habe ich sie erst einmal gesehen. Und schon kam ich in den Bereich "Tickets und Preise"... Unter der Überschrift "Anarchy for Sale" (kein Witz!) werden Konzertkarten für 19,- € das Stück feilgeboten, natürlich zzgl. VVK und nur für das Konzert an einem Abend gültig, die Tageskarten für Freitag und Samstag kosten 28,- €, damit kann man dann auch die Austellungen und die Diskussionen besuchen! Und als besonderes Schnäppchen werden Dauerkarten für unglaublich günstige 65,- € angeboten. Juhu, wenn ich an allen 3 Tagen hingehe und mir wirklich alles angucke, habe ich tatsächlich 9,- € gespart!!!

Tja, und da man ja irgendwo schlafen muss, haben dich die Veranstalter was ganz Nettes ausgedacht. Nein, es werden keine Übernachtungsmöglichkeiten in irgendwelchen Jugendzentren oder gar in der Uni angeboten, sondern auf der Internetseite werden Hotels aufgeführt, mit denen man extra für den Punk-Kongress Sonderkonditionen ausgehandelt hat; die Übernachtung für schlappe 55,- - 70,- € !!Wow, super, fast so günstig wie zu Hause schlafen, oder?

Gesponsert wird der hyper-dyper-popkulturelle Punk-Kongress übrigens, wie schon erwähnt, von der Kulturstiftung des Bundes (ich werd die mal anschreiben, vielleicht haben die ja auch Lust, unsere Konzerte in Mainz zu sponsern, sind ja schließlich Punk-Konzerte und somit offiziell (Pop)Kultur, oder?), Binding Lager (wer trinkt schon sowas), der Asta Kassel (huch, wer hätte gedacht, dass hinter diesem coolen Punkrockspektakel Studenten stecken?), der taz, rocknews (was auch immer das ist) und dem Ox (tjaja, deren Niveau sinkt stetig...).

So, jetzt habt ihr alle relevanten Informationen zum "Punk-Kongress" in Kassel (wer sich das ganze selber mal ansehen will: www.punk2004.de). Eigentlich fände ich es ja wirklich lustig, wenn jemand aus diesem Anlass Chaostage in Kassel ausrufen würde, um den ganzen intellektuellen Popkulturfetischisten mal ein bisschen was von den "aktuellen Strömungen und ästhetischen und kulturellen Neuerungen" in der Punkszene sozusagen live zu demonstrieren, aber das war nur so eine rein hypothetische Idee....

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