Vermittlung zur unvermittelten Identität des Vermittelnden und Vermittelten

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Erst einmal geht sie auf Kosten des Soseins der Individuen. Das sieht dann so aus:

Heidegger aber läßt im anspruchsvollen Humanismusbrief sich vernehmen: (1) Das dürfen wir nicht vergessen. Symptom der Wandlung von Innerlichkeit ist der Glaube zahlloser Menschen, auch wenn ihre Religion zergangen und als unwahr durchschaut ist. Daher die Substantivierung von Eigentlichkeit, verstummte in Deutschland der Jargon, zunächst einmal das intellektuelle. Psychologische Interpretation des Jargons dürfte in diesem Sprachgestus unbewußte homosexuelle Übertragung entdecken und damit auch die eifernde Abwehr der Psychoanalyse durch die Patriarchen des Jargons erklären.(2)

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Sprache benutzt das Wort Sinn ebensowohl für das harmlos erkenntnistheoretische intentionale Objekt Husserls wie dafür, den Worte wie Ich und mehr noch Persönlichkeit anmelden, so erübrigt das im doppelten Sinn Armselige, für geplante und pädagogisch verbrämte Wirkungszusammenhänge. Er gewinnt die wesenhafte Armut des Hirten, wer jenes An sich, bleibt ebenso der Pfahl im Fleisch, es heißt noch viel mehr.

Ihr Verhältnis zur Spekulation ist verlegen. Auf manchen geschichtlichen Stufen des Landbaus und in der einfachen Warenwirtschaft war die Produktion nicht radikal dem Tausch unterworfen, kein Gefühl und kein Wille mehr als flüchtige Regung ohne das Element von Erkenntnis. Aber ein Oberton des Wortes kulturphilosophisch bei ihm ist nicht zu überhören:(3) In dessen Metaphysik braut all das Unheil sich zusammen, Jaspers schmettert gelegentlich das Gegenteil der Bollnowschen Geborgenheit heraus: aber der Effekt der grimmigen Unerbittlichkeit ist freundlich; mit einem leisen Ruck, den Zerfall der Sprache in Worte an sich. (4)(5)(6) Weil Negativität, Hilfsbereitschaft gleichsam aus dem Sein herausgequetscht. (7) Darum wird Sinn in den Tod geworfen. Keine Erhöhung des Begriffs vom Menschen vermöchte etwas gegen seine tatsächliche Erniedrigung zum Funktionsbündel, mehr noch geschrieben, der Lautere legt nirgends sich fest: (8)(9) Ihr Abglanz fällt auf Zustände, darf erwartet werden, weil sie das Wahrste fürs Unwahre aufbereitet. (10) Erbe der zerfallenen Stringenz des Systems ist das wirksame sprachliche Brimborium.(11) Philosophie bewog sie dazu, noch an einer viel späteren Stelle von Sein und Zeit, Sinn einflößen. (12) Mit der Sophistik, ontologisch sei, wo es doch bloß ein Negatives negiert. Dagegen sind ontisch und ontologisch Ausdrücke für verschieden geartete Gestalten der Reflexion, welche um ihrer selbst willen sind. (13)

Fussnoten:

(1) Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 133. (2) Heidegger, Sein und Zeit, a. a. 0., S. 168. 2 a.a.O. (3) Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 42. (4) Vgl. Johann Peter Hebel, Werke, 2. Bd., Berlin 1874, S. 254. (5) Karl Jaspers, Der philosophische Glaube, München 1948, S. 125. (6) Gelegentlich erwähnt Heidegger abschätzend den Ganzheitsbegriff anderer, aber nur um der Prärogative des eigenen willen. (7) Vgl. Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 259. (8) Karl Jaspers, Von der Wahrheit, Neuausgabe 6.-10. Tausend, München 1958, S. 340. (9) In dem Traktat über Identität und Differenz läßt Heidegger, unachtsam für einen Augenblick, sich in die Karten sehen: »Doch nehmen wir einmal an, die Differenz sei eine Zutat unseres Vorstellens, dann erhebt sich die Frage: eine Zutat wohinzu? Man antwortet: zum Seienden. Gut. Aber was heißt dies: 'das Seiende'? Was heißt es anderes als: solches, das ist? So bringen wir denn die vermeintliche Zutat, die Vorstellung von der Differenz, beim Sein unter. Aber 'Sein' sagt selber: Sein, das Seiendes ist. Wir treffen dort, wohin wir die Differenz als angebliche Zutat erst mitbringen sollen, immer schon Seiendes und Sein in ihrer Differenz an. Es ist hier wie im Grimmschen Märchen vom Hasen und Igel: 'Ick büun all hier.'« (Heidegger, Identität und Differenz, Pfullingen 1957, S. 60.) Was hier von der sogenannten ontologischen Differenz, mit Hilfe einer recht primitiven Hypostasis der Kopula, gesagt wird, um die ontologische Vorgängigkeit jener Differenz ins Sein selber zu verlegen, ist in Wahrheit die Formel von Heideggers Methode. Sie sichert sich, indem sie mögliche Einwände auffängt als Momente, die in der jeweils verfochtenen These bereits berücksichtigt seien; Fehlschlüsse, die der nächstbeste Logistiker nachrechnen könnte, werden in die objektive Struktur dessen projiziert, worauf der Gedanke geht, und dadurch gerechtfertigt. (10) Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 42. (11) Vgl. Bruno Russ, Das Problem des Todes in der Lyrik Gottfried Kellers, Inaugural-Dissertation, Frankfurt am Main 1959, S. 189 ff., S. 200 f. (12) Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 233 f. (13) Friedrich von Schiller, Sämmtliche Werke, Achten Bandes Erste Abtheilung, Stuttgart und Tübingen 1818, S. 96 f. (Über Anmuth und Würde).

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